Es ist garnicht so
einfach, für diese Autobiografie von Han Marie Stiekema ein Vorwort zu schreiben. Sein
Leben ist so außergewöhnlich, dass ich mich abfrage, ob es auf dieser Welt überhaupt
jemand gibt mit vergleichbaren Erfahrungen. Ich, als einfache Seele, kenne kaum
michselbst, wie soll man dann Han Marie kennen? Hinzu kommt noch, daß man ihm im
täglichen Umgang nichts anmerkt. Er ist ein einfacher Mensch, sehr offen und doch nicht
zu ergründen, er ist behilflich im Bezug auf seine Mitmenschen und ein guter Freund. Wenn
man ihm nichts fragt Fragen in Beziehung zum Wesentlichen dann wird er auch
nichts andeuten, preisgeben oder offenbaren. Er bewegt sich unauffällig, lebt einfach
sein tägliches Leben und ist deswegen kaum bekannt. Dort jedoch, wo er gefragt wird,
macht er allerdings tiefen Eindruck. Ich habe des öfteren erlebt, daß, nachdem ihm
eine wesentliche Frage gestellt wird, eine Metamorphose in ihm zustande kommt.
Es ist, als ob er aus einer anderen Dimension hervorkommt. Der ganze Raum füllt sich mit
einer Präsenz, die nicht zu definieren ist. Seine Stimme verändert, ist tiefer, seine
Augen strahlen und manche sehen eine Aura um seinen Kopf
nach einem ersten Zögern
gerät er in Begeisterung. Es kommt vor, daß die Glut seiner Leidenschaft auf seine
Zuhörer übergreift, die dadurch in Schwingung geraten. Die Liebe, die er ist, ist
überall spürbar. Bei seinen Zuhörern wird oft sichtbare Rührung hervorgerufen. Oder,
daß sich Leute auf einmal mit weitgeöffneten Augen und rechtem Rücken versetzen.
Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Seine
Talks sind keine Unterhaltungssitzungen; als Vertreter der Wahrheit kann er sehr
konfrontierend sein. Dazu benutzt er meiner Meinung nach einige Tricks. Er provoziert
gern, zum Beispiel dann, wenn er sich in Gesellschaft befindet von Leuten, die bestimmte
Erwartungen haben. Ich habe einmal erlebt, daß in einem Saal mit 200 Menschen ungefähr
die eine Hälfte ganz in seinem Bann war, und die andere Hälfte verstimmt zu sein schien.
Er paßt nicht in eine Atmosphäre von wir Spirituellen unter uns. Durch
seinen eigenen Hintergrund spürt er einwandfrei, auf welcher Ebene sich jemand befindet.
Das wird ihm nicht immer in Dank abgenommen, sicher nicht durch diejenigen, die denken zu
wissen. Sein Auftrag ist es, jedem, der Kontakt zu ihm sucht, den Weg, die Wahrheit und
das Leben vor Augen zu halten. Auf der einen Seite wollen die Menschen sehr wohl die
Befreiung, doch sind sie andererseits nicht bereit, den Preis zu zahlen. Nämlich
das Aufgeben eines ich-orientierten, selbstsüchtigen oder pseudo-spirituellen Lebens.
Für die meisten Leute ist Spiritualität eine nette (Neben-)Sache, eine interessante
Ausbreitung der bestehenden Aktivitäten. Etwas womit man sich aufputzen kann. Aber, so
sagt Han Marie, nur wenn Du Dichselbst aufgibst, wirst Du daHinter kommen".
Es scheint so zu sein, daß Han Marie
spontan vor allem diejenigen an sich zieht, die aufrecht und mit ihrem ganzen Herzen die
Anspruchslosigkeit und das Wahre suchen. Derer sind nicht soviel. Ich kann nicht sagen,
daß er es bedauert. Er bevorzugt vor allem den Kontakt mit Menschen mit puren
Intentionen, anstatt uneigentliche Anmaßungen zu entlarven oder einen Schlag ins
Kontor zu versetzen. Das heißt jedoch nicht, daß er nicht für alle da ist. Sein
eigener Weg hat ihm das angezeigt. Es begann mit seinen Großen Erfahrungen, die
plötzlich und aus heiterem Himmel, total unvorbereitet, über ihn kamen. In diesem Sinne
war es wie eine unbefleckte Empfängnis. Seine Verwirklichungen
passierten ohne jedes eigenes Zutun, ohne jede Absicht, Ehrgeiz oder
Verlangen. Die Unschuld kann sich nur an die Unschuld offenbaren! Zu diesem Punkt hätte
er sich bereits als Lehrer beweisen können. Der Paradox ist, daß viele Lehrer sich schon
nach den ersten Anzeichen bekanntmachen weil sie denken, daß sie Es
erreicht haben. Han Marie jedoch gerade weil er den ganzen
Erleuchtungszyklus durchgemacht hatte, inklusiv der sehr seltene Auferstehung aus
dem Tod achtete sich nicht im Stande das Göttliche weltweit zu verkündigen.
Nicht nur, weil aus dem Nichts nichts ausgeht Es ist vollkommen SichSelbst
sondern auch weil ihm bewußt war, daß noch etwas liegen geblieben war. Darum tat er, was
nur wenige getan haben, nämlich wieder einen Schritt zurücktreten, wie er
selbst äußerte um das alte Selbst in die Neue Identität hinein passen zu
lassen". Obwohl er seinen innerlichen Zustand weiterhin hat kultivieren können und
seine Biographie hinter sich hätte lassen können, hat er freiwillig seine Vergangenheit
auf sich genommen.
Zwanzig lange Jahre machte er durch, was
jeder von uns durchmacht, wenn er bewußt wird. Nämlich im Nachhinein die Annahme und
Integration von Schmerz, Trauer, Angst, Ohnmacht, Selbstgefälligkeit, Unsicherheit und
Wut. Es blieb ihm nichts erspart. Nichts ging er aus dem Weg, er zog sich nicht zurück in
sein innerliches Paradies, obwohl er das jeden Augenblick hätte tun können. Ohne sich zu
verteidigen, nahm er auch die Verständnislosigkeit, den Spott und die Verurteilung seiner
Umgebung auf sich. Wenn er sein eigenes Leiden noch nicht einmal annehmen könne, wie
solle er denn in der Lage sein, das Leiden seiner Mitmenschen zu tragen, so war seine
hinterliegende Erwägung. Abgedroschene Phrasen wie zum Beispiel daß erleuchtete
Meister das Leiden nicht kennen, weist er darum resolut von der Hand. Das Leiden ist
da, nur Du bist es nicht. Innerlich bleibst Du "unberührt". Es kommt zu Dir,
bleibt eine Weile und verschwindet wieder. Dies gilt für alle die bewußt werden. Bei den
Meistern gilt es um so mehr. Gerade durch daß man im tiefsten Wesen frei ist, kann man
das Leiden der Welt auf sich nehmen. Ihr Leiden nimmt eher zu als das es
abnimmt. Das ist auch der Grund warum Han Marie weitergeht dann Mitgefühl für den
individuellen Mitmenschen. Er sieht die unmoralischen Ausgangspunkte unserer Gesellschaft
haarscharf: Haben ist das Unvermögen zu Sein. Da Mensch und Gesellschaft ein
lebender Organismus sind, ist die individuelle Heilung allein nicht genug. Bist du
erwacht, dann mußt du noch einen Schritt weiter gehen: nämlich die ganze Welt in
Deinem Mitgefühl mit einbeziehen.
Zehn Jahre in Höchster Glückseligkeit
und etwa zwanzig Jahre in der Dunklen Nacht der Seele, liegen nun hinter ihm.
Das Sagenhafte ist jedoch noch nicht gesagt. Etwas, was ich vergebens bei anderen Lehrern
versucht habe zu finden. Letztere betrachten ihre Realisation meistens als
Höhepunkt ihrer Laufbahn. Die Autorität der Meisterschaft beruht darauf. Aber nicht bei
Han Marie. Mit rücksichtsloser Ehrlichkeit gegenüber sichSelbst mußte er bekennen, daß
er trotz seiner vollständigen Erleuchtung die allerletzte Einheit
noch nicht erreicht hat. Immer wieder kam er in die Versuchung, seine
Realisation für eigene (Ego) Zwecke zu gebrauchen. Das war eine fürchterliche innerliche
Auseinandersetzung, kaum zu beschreiben. Oft wußte er nicht ein noch aus. In diesem
Zustand begann es ihm zu dämmern, daß Erleuchtung nicht das Letztendliche sein
konnte. Es mußte noch Etwas Dahinter sein, Etwas, das ihn von seinen
Zwangsvorstellungen erlösen konnte. Es konfrontierte ihn aufs Neue mit seinen Großen
Erfahrungen. Und plötzlich sah er es. Bevor er ins Große Licht aufging, wurde sein
ganzes Dasein für einen Moment durch den kosmischen Blitz ausgewischt. Ein Moment der
Absoluten Schwärze. Es mußte also etwas geben, was vor dem Licht da war: das Absolute
Nichts! Somit scheint es eine Hierarchie geben: erst das Nichts, dann das Licht. Folglich:
das Absolute Nichts geht dem Licht (das Göttliche, die Buddha-natur) voraus. Niemals
zuvor fühlte er eine derartig tiefe Erleichterung. Er war befreit von (seiner
Identifikation mit) der Erleuchtung. Frei von der Freiheit.....Danach fiel alles auf
seinen Platz. Das Absolute Nichts ist gleich einem Vakuum, der Kosmischen Gebärmutter
zu archäischen Zeiten Die Große Mutter genannt woraus alles,
sowohl Gott als die Welt, geboren wird und wieder zurückkehrt.
Schließlich dauerte es noch einige Jahre,
bevor er mit Der Kosmischen Mutter zu Vorschein kam. Immerhin hatte er Jahre
lang in der Annahme gelebt, daß die Erleuchtung das Letztendliche wäre und
darüberhinaus nichts mehr. Nun mußte er buchstäblich einen Kniefall machen. Was auf der
einen Seite Grund war für andauernde Freude und Dankbarkeit, war auf der anderen Seite
doch ungewohnt. Selbst nicht mehr die letzte Autorität zu sein, erforderte eine
gründliche Umstellung. Zum Glück hat er selbst das Scheitern der
Selbstrealisation auf äußerst peinliche Weise am eigenen Leibe erfahren.
Hierdurch überkamen ihn zum ersten Mal in seinem Leben Momente von wahrhaftiger Demut
gegenüber des unermeßlich-tiefen Mysteriums der Mutter. Da er wußte, daß dies
Hingabe am schwierigsten für ihn war, sandte die Mutter ihm eine Hilfskraft. Auf
wundersame Weise kreuzte Teresa von Avila seinen Weg. Sofort war ihm die Reichweite dieser
Begegnung deutlich. Er sah soviel Berührungspunkte mit ihr, daß er nicht umhin konnte,
daß dies durch die Vorsehung so gemeint war. Sie hat ihn weiter auf dem Weg
der Demütigkeit, Hingabe und Selbstlosigkeit geleitet. Gerade durch sie fühlt er sich
gestärkt, um seine Mission in die Welt auszutragen.
Er ist derjenige, der aus der
Verbannung zurückgekehrt ist um Menschen auf ihren Weg zurück nach
Haus zu begleiten. Er hat den Schatz bewahrt das Erbe von uns allen
der in Dir verloren gegangen ist durch die Süchtigkeit nach Dirselbst. Ausschließlich
Deiner eigenen Erleuchtung nachzustreben, während die Erde gleichzeitig immer
mehr vernichtet wird woran man selbst beteiligt ist kann jedoch nicht mehr.
Es geht nun vielmehr darum, DichSelbst zu sein in Verbundenheit, in Einheit
von dem Vertikalen mit dem Horizontalen; das ist es, worum es nun geht. Zusammen das
Königreich von Himmel und Erde errichten, darin die Initiative zu ergreifen,
betrachtet er darum als wichtigstes Element seiner Mission. Nichts besonderes, wenn man
bedenkt, daß ein jeder sich einsetzen sollte, um die Erde zu retten. Wie soll man ihn
also bezeichnen? Das deutsche Wort Hoffnungsträger würde ihm nicht schlecht
stehen. Mit der Veröffentlichung seiner Schriftstellerei hat er sich vor kurzem bekannt
gemacht. Er steht zur Verfügung. An uns liegt es nun, ihn, unsselbst und die Mutter zu
entdecken. Um unsere innerliche Verwirklichung danach auszubreiten in unsere Umgebung.
Erselbst sagt: Aus dem Wesenlichen Anklang finden, das ist das kostbarste Geschenk
in diesem Dasein.
Peter Cornwall, Los Angeles, Californien |